„Wir haben immer noch nicht verstanden“ – plotorientiertes und charakterorientiertes horizontales Erzählen

In der Süddeutschen Zeitung wird der stellvertretende Programmdirektor des ZDF Reinhold Elschot in Bezug auf Matthias Glasners Serie BLOCHIN mit den Worten „Wir haben jetzt verstanden, was ihr alle wollt!“ zitiert. Er meint damit vor allem die horizontale Erzählweise von BREAKING BAD etc., in der er den Grund für den internationalen Erfolg dieser Serien sieht.

Tut mir leid, Herr Elschot, Sie haben leider immer noch nicht verstanden. Möglicherweise weil Sie den Unterschied zwischen plotorientiertem und charakterorientiertem horizontalen Erzählen nicht verstanden haben. Im charakterorientierten horizontalen Erzählen steht die Charakterentwicklung einer meist ambivalenten Figur im Zentrum. Deshalb sind Serien wie BREAKING BAD so gut und so erfolgreich. Ihr horizontales Erzählen ist nicht der Zweck, sondern lediglich ein notwendiges Mittel, um die Erzählung einer Charakterentwicklung zu ermöglichen. Charakterorientiertes horizontales Erzählen zielt in erster Linie auf eine emotionale Wirkung beim Publikum.

Im charakterorientierten horizontalen Erzählen steht die Charakterentwicklung einer meist ambivalenten Figur im Zentrum.

Plotorientiertes horizontales Erzählen zielt in erster Linie auf Spannung, also auf eine kognitive Beteiligung des Publikums an der Geschichte, siehe die erste Staffel von HOMELAND (den Unterschied zwischen charakterorientiertem und plotorientiertem horizontalen Erzählen kann man übrigens sehr gut verstehen, wenn man die erste Staffel von HOMELAND mit der ersten Staffel von HATUFIM vergleicht). Die Referenz für BLOCHIN ist also eher HOMELAND und nicht BREAKING BAD und GAME OF THRONES, wie David Denk in einem anderen Artikel der Süddeutschen schreibt. Auch Sie, Herr Denk, haben den Unterschied offensichtlich noch nicht verstanden.

Plotorientiertes horizontales Erzählen mag spannend sein, es muss aber oberflächlich bleiben.

An HOMELAND sieht man, dass auch plotorientiert horizontal erzählte Serien hervorragend und international erfolgreich sein können (allerdings reichen weder BLOCHIN noch GOMORRHA auch nur ansatzweise an HOMELAND heran). Aber selbst wenn die einzelnen Handlungsstränge noch so schön über mehrere Folgen gezogen werden, die Qualität einer charakterorientierten Serie wie BREAKING BAD erreicht auch HOMELAND nicht. Denn plotorientiertes horizontales Erzählen mag spannend sein, es muss aber oberflächlich bleiben. Charakterorientiertes horizontales Erzählen hingegen kann beides sein: spannend und die Tiefe der Charaktere ausleuchtend.

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