Charakterentwicklung und Erzählintention

„Muss die Hauptfigur in einer Geschichte zwingend eine Charakterentwicklung machen?“ fragt der Drama-Blog, bezieht sich dabei auf Lucy Hays Blog Bang2Write und kommt – nachdem er einige gute Filme ohne Charakterentwicklung aufgezählt hat – zu dem Schluss: nein, eine Geschichte braucht keine Charakterentwicklung der Hauptfigur um gut zu sein.

Natürlich braucht sie das nicht, genauso wenig wie sie ein dramatisches Ziel, Identifikationspotenzial oder eine Backstorywound braucht oder man mit der Drei-Akt-Struktur arbeiten muss. Die Charakterentwicklung der Hauptfigur ist eine Möglichkeit, etwas über das Menschsein und das In-der-Welt-sein, über das Leben und die Gesellschaft auszusagen. Geschichten ohne Charakterentwicklung können das natürlich auch, in ihnen steht aber der Unterhaltungsaspekt im Vordergrund, in Geschichten mit Charakterentwicklung der Bedeutungsaspekt.
Ob die Hauptfigur eine Charakterentwicklung macht oder nicht ist keine Frage von Notwendigkeiten, sondern hängt von der Erzählintention der AutorInnen ab.

Ob die Hauptfigur eine Charakterentwicklung macht oder nicht ist keine Frage von Notwendigkeiten, sondern hängt von der Erzählintention der Autorin oder des Autors ab: Warum will ich diese Geschichte erzählen? Welche Wirkung will ich beim Publikum hervorrufen? Was soll es während des Films fühlen und was soll es danach denken?

Um zielgerichtet und sinnvoll eine Geschichte entwickeln zu können, müssen Autorinnen und Autoren sich also ihrer Erzählintention bewusst sein. Das Gleiche gilt für alle, die dramaturgisch beraten. Um dramaturgisch sinnvoll und zielgerichtet beraten zu können, muss ich zuallererst die Erzählintention der Autorin oder des Autors erfragen bzw. sie mit ihr oder ihm gemeinsam ermitteln, falls sie sie selbst noch nicht kennen (was meiner Erfahrung nach sehr häufig der Fall ist).

Eine Möglichkeit, die Erzählintention zu ermitteln, ist die Frage nach der Impulsidee, nach jenem elektrisierenden, erregenden Moment des „Oah, daraus kann ich eine Geschichte machen“. Was genau war das Erregende? Was reizt an der Idee? Ich empfehle Autorinnen und Autoren regelmäßig, darüber zu schreiben, am besten mit der Technik des Freien Schreibens. Und manchmal kommt dann dabei heraus, dass sie die Idee doch nicht so gut finden und sie erstmal auf den Ideenstapel legen. Vielleicht ist später ja die Zeit reif für sie. Ein sehr gutes Ergebnis, finde ich, sonst würde es sehr wahrscheinlich lediglich eine halbentwickelte Geschichte mehr geben.

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