Aktuelle Kinofilme dramaturgisch zu untersuchen ist schwierig, weil wir sie dafür eigentlich mehrfach sehen müssten. Dafür fehlen die Ressourcen und manchmal die Geduld. Deshalb ein kurzer erster dramaturgischer Eindruck, der weder umfassende Vollständigkeit, noch analytische Detailtiefe verspricht – dafür spontane Ehrlichkeit und die Konzentration aufs Wesentliche. Heute: Bad Moms, Buch (und Regie): Die Hangover-Autoren Jon Lucas und Scott Moore.
Amy ist Ehefrau und Mutter, dann alleinerziehende Mutter, als sie ihren sowieso idiotischen Mann mit einer digitalen Anderen erwischt. Das macht viel Arbeit, auch deshalb weil die Anforderungen so hoch sind, die sie und ihre Umwelt an sich stellt. Nach einem Tag voller kleiner Katastrophen tut sie sich mit zwei anderen frustrierten Müttern zusammen und mischt gegen den Widerstand der Elternratsvorsitzenden und vermeintlich perfekten Mutter Gwendolyn die Schule ihrer Kinder und das Leben der anderen Mütter etwas auf – um schließlich selbst als neue Elternratsvorsitzende gewählt zu werden.
Das Ganze darf man sich nicht als britische Sozialkomödie vorstellen, sondern als amerikanischen Spaßfilm. Das ist kein eigentliches Genre, aber als Comedy möchte man Bad Moms und viele andere amerikanische Filme der jüngsten Zeit dann doch nicht bezeichnen, denn dafür fehlt das Komödiantische, fehlen Gags und komische Charaktere. Vielmehr scheinen solche Filme unter dem Eindruck geschrieben zu sein, dass wenn die Protagonisten Spaß haben, auch die Zuschauer Spaß haben. (Was durchaus funktioniert, denn der Film macht tatsächlich Spaß.)
Das ist aber genauso eine Reduzierung, ja Aushölung eines Genres, wie sie dem Actionfilm in seiner Entwicklung zum Sommerblockbuster geschehen ist: Die Effekte bleiben, ihr Inhalt fehlt. Bad Moms ist eine große Party und die will gefeiert werden (auch für ihre „Kritik“ am strengen amerikanischen Lifestyle), mit lauter Popmusik, wie es spätestens seit Guardians of the Galaxy so viele amerikanische Filme versuchen, die aber selbst nicht viel zu sagen hat und in der die Party so plakativ klingt wie früher die Rebellion im Punk, nur hoffnungsloser: „I crashed my car into the bridge, I don’t care! I love it!“
Am nächsten Morgen bleibt von der bedeutungslosen Party nicht mal ein Kater. Denn das Hochprozentige eines Partyfilms ist dann doch sein Inhalt, und in Bad Moms sind die Flaschen quasi leer. Ganz am Anfang betont Amy, sie müsse im Gegensatz zu den reichen Schulmüttern ja arbeiten – und macht dann blau. Fährt stattdessen im Sportwagen ihres Nochmannes durch die Gegend, die Scheidung wird dann durch eine Umarmung besiegelt, süß. Wenn Amy hemmungslos feiert sind die Kinder immer woanders, praktisch. Dass sie durch ihr Verhalten möglicherweise das gemeinsame Sorgerecht gefährdet? Gar kein Thema. Jedes „Problem“ löst sich in Luft auf, der Tiefpunkt kann dann nur konstruiert wirken – und der Antagonist? Eine andere Mutter, die es selbst schwer hat, denn die sind bekanntlich verantwortlich für den hohen gesellschaftlichen Druck auf Mütter.
Was würde man sich wünschen? Dass die beiden Autoren ihrer Protagonistin vertrauen, dass sie auch große, ernste, tatsächliche Probleme bewältigen kann? Zum Beispiel. Dass sich amerikanische Komödien wieder daran erinnern, das Comedy nicht aus dem Spaß der Protagonisten besteht, sondern ihrem Schmerz? Auch. Dass Zuschauer neben Musik, die man nur auf einer Party hören kann, nicht auch noch entsprechende Filme verlangen? Bitte, bitte. Bitte.