Sind es nicht eher die zwischenmenschlichen Dramen, die in der provinziellen Enge viel weiter tragen als in der Anonymität der Großstadt? Generationenkonflikt, Freundschaft, Verrat – die Träger menschlicher Emotionen entfalten dort eine viel weittragendere Wirkung, wo sich niemand einfach so entkommen kann, weder einander noch sich selbst.
In der aktuellen Ausgabe des Wendepunkts, der Zeitschrift des Verbands für Film- und Fernsehdramaturgie VeDRA, schreibt filmschreiben-Autorin Christine Pepersack über Die Provinz als tragendes dramaturgisches Element zwischenmenschlicher Handlung. Die Dramaturgin Ines Häufler fragt, ob nicht das Lesen eines Drehbuchs bitte ein literarisches Ereignis sein darf; die die Verbandsvorsitzende Dr. Eva Maria Fahmüller zweifelt am erstarrten Realismus im deutschen Film- und Fernsehen. Ich selbst schreibe über die Dramaturgie von Opfererzählungen, jenen Geschichten, in denen die Figuren nicht für sich verantwortlich gemacht werden dürfen:
Wir behaupten für uns und unsere Figuren eine Macht über das eigene Leben, die es nicht gibt. Unsere Geschichten sagen: „Triff die richtige Entscheidung und du wirst triumphieren“, seltener: „Triff die falsche und du wirst untergehen.“ (VICTORIA, 2015). Dass es ganz gleich sein kann, welche Entscheidungen wir treffen, darüber reden wir nicht. Ohnmacht ist für uns das, was im Tiefpunkt überwunden wird.
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