Theorie tl;dr: Über Gärten, die erzählen

Too long; didn’t read: Texte aus Drehbuch-, Film- und Welttheorie, kurz, knapp, bündig zusammengefasst und auf ihren Wert fürs filmschreiben hin geprüft. Heute das Thesis Book The Art of Designing a Meaningful Landscape through Storytelling von Keli L. Garman.

In 140 Zeichen (Was ist das?):

Keli L. Garman: Die große Aufgabe von Landschaftsarchitektur ist es, einer Landschaft eine Bedeutung zu geben – zum Beispiel durch Erzählung — Arno (@filmschreiben) 10. Dezember 2014

In 50 Worten (Was ist das?): Landschaften können Geschichten erzählen, durch ihre Elemente, durch die Beziehung ihrer Elemente und der Beziehung der Elemente zum Besucher. Landschaften haben Schauplatz, Thema und Handlungen. Die Sprache der Landschaftsarchitektur sind Materialien, Arrangements, Farben, Blicke, Bewegungen und das Verhältnis zwischen Natur und Kultur, sie kommuniziert durch Namen, Referenzen, Assoziationen und Symbole.

Die Erkenntnis: Landschaft kann sehr viel Bedeutung transportieren, sogar ganze Geschichten. Zen-Gärten transportieren ihre Philosophie und manchmal sogar politische Botschaften (s. Wikipedia (en)) – für diejenigen, die sie verstehen können. Das sollten wir mindestens dann beachten, wenn es darum geht, die Figuren unserer Geschichten durch ihre Welt zu bewegen: Es gibt Landschaften, Schauplätze die Bedeutungen für sie haben, und manchmal nur für sie.

Keli L. Garman hat 2006 einen Teil ihrer Masterarbeit in Landschaftsarchitektur an der Virginia Tech diesem Thema gewidmet. Hat dafür im ersten Teil drei wissenschaftliche Texte untersucht, und im zweiten Teil eine kurze japanische Sage in den Entwurf eines Gartens übersetzt. Bei den Texten handelt es sich um Must Landscapes Mean? von Marc Treib, Landscape Narratives von Matthew Potteiger und Jamie Purinton, und The Meaning of Gardens: Idea, Place, and Action von Mark Francis and Randolph T. Hester, Jr.

Ist es nicht schön, dass wir in unseren kreativen Berufen aus allem lernen können? Hier zum Beispiel aus der Landschaftsarchitektur etwas über das Erzählen? Wir als Erzähler nutzen die Bedeutung von Schauplätzen nämlich vielleicht viel zu selten, vielleicht, weil sie so selten sichtbar sind. Gelegentlich dann, wenn es um die Historie eines Ortes geht, um Erinnerung unserer Figuren an einen Ort. Aber neben dieser historischen Bedeutung, die auch bei Keli L. Garman Erwähnung findet, gibt es noch viele andere Möglichkeiten, wie ein Schauplatz eine Bedeutungen für eine Figur haben kann. Die Sprache von Schauplätzen mag uns fremd sein, es kann aber lohnen darüber nachzudenken.

Aber über diesen Zweck für unser Schreiben von Erzählungen hinaus, ist es wirklich interessant, über diese Möglichkeit des Erzählens durch Landschaftsarchitektur nachzudenken. Wenn Keli L. Garman eine japanische Sage in einen Garten übersetzt, warum sollten sich nicht andere Geschichten derart adaptieren lassen. Der Pate als Garten? Oder umgekehrt der Central Park als Film? Ersteinmal Spinnerei, ja. Nicht jede Erzählung lässt sich beliebig in andere Medien übersetzen.

Doch auch Gärten haben Handlungen: Die Handlungen des Besuchers, der zum Garten in Kontakt tritt, ein Verhältnis eingeht. Der Architekt nimmt Einfluss auf diese Handlungen, zum Beispiel indem er den Weg des Besuchers durch den Garten lenkt, und ihm Handlungen anbietet. Er kann sie jedoch niemals völlig bestimmen. Vielleicht können Gamedesigner noch viel von Landschaftsarchitekten lernen.

Gärten balancieren zwischen Natur und Kultur, wie es Geschichten tun. Wir Erzähler formen das Natürliche um eine Geschichte zu erzählen. Tun wir das zu wenig, fehlt die Geschichte; tun wir das zu sehr, wirkt die Geschichte unnatürlich, konstruiert.

Das Zitat:

Gardens have special meaning and powerful settings for human life, transcending time, place and culture. […] By making gardens, using or admiring them, and dreaming of them, we create our own idealized order of nature and culture. Gardens connect us to our collective and primal past.

Gutes Schlusswort: Raus hier!

Involvement in working with gardens has important social and psychological benefits. […] Through gardening, we are reconnected to “mother earth” and to the larger ecology of the world in which we can live.

Keli L. Garman: The Art of Designing a Meaningful Landscape through Storytelling. (Im Archiv der Virginia Tech.)

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