Theorie tl;dr: Über Autor und Kritik (Geburtstagsedition)

Too long; didn’t read: Texte aus Drehbuch-, Film- und Welttheorie, kurz, knapp, bündig zusammengefasst und auf ihren Wert fürs filmschreiben hin geprüft – und das schon seit zwei Jahren! Am 8. Oktober 2014 veröffentlichte ich das erste Theorie tl;dr: Über die Bedeutung der Form. Heute wieder eine Geburtstags(überraschungs)edition mit einem Text von Michael Füting: Vier Kapitel (2.3 bis 2.6) aus seinem Buch Im Drehbuch-Dschungel.

In 140 Zeichen (Was ist das?):

Michael Füting: Die Besprechung von #Drehbuch und Stoff kann für den #Autor wertvoll sein, doch er muss sich den Wert erst mühsam erarbeiten — filmschreiben.de (@filmschreiben) 13. Oktober 2016

In 50 Worten (Was ist das?): Die Buchbesprechung mit Redakteur, Produzent, Regisseur heißt für den Autor: Kritik. Die ist oft persönlich, manchmal verletzend, ist oft ungenau und wenig konkret, manchmal nachlässig, mit wenig Bedacht geäußert, und auch durch fremde Gründe motiviert. Der Autor hat alle Hände voll zu tun, daraus Hilfe für sein Buch zu machen.

Die Erkenntnis: Dass die Schwierigkeit einer Buchbesprechung zu oft von allen Beteiligten unterschätzt wird – zu Lasten der Autorin oder des Autors und damit der Erzählung.

Die Titel der hier gewählten Kapitel sind selbsterklärend: „Erkenne den Unterschied zwischen berechtigter und unberechtigter Kritik“, „Ich kenne meine eigene Geschichte nicht gut genug“, „Mich deprimiert: warum bekomme ich kein Lob?“ und „Was man macht: psychologisieren, genrefizieren, amerikanisieren“. Füting beschreibt die Schwierigkeiten der Buchbesprechung und die Fehler die einerseits der Autor selbst, andererseits Redakteur, Produzent und Regisseur dabei machen können.

Füting versucht sein Bestes, die Autorin, den Autor darauf vorzubereiten. Denn: Sie und er, wir, sind Adressat seines Buches. Dass diese Vorbereitung durchaus nötig ist; dass Film- und Fernsehprofis nicht besser zusammenarbeiten; dass deswegen Buchbesprechungen Debutautoren keinen Raum für eigene Fehler lassen, aus denen sie lernen könnten, ohne gleich ihre ganze Erzählung und deren Umsetzung zu gefährden, darf dann dabei zu Recht verstimmen.

Fütings Hinweise an den Autor mithilfe einer leicht verständlichen Metapher aus der Architektur: Kenne die tragenden Wände deines Werks. Verstehe, welche Bedeutung Änderungsvorschläge für dein Werk und diese tragenden Wände haben. Berücksichtige, dass alle Beteiligten viele Gründe haben, dein Werk zu kritisieren und die meisten davon nichts mit dem Werk zu tun haben. Vorschläge sind Vorschläge: Sie sind nicht dazu da, gleich ins Buch übernommen zu werden, sondern Gesichtspunkte, unter denen du deinen Stoff betrachten und gegebenenfalls verändern kannst.

Das Zitat:

Kunst ist immer subjektiv. Darin liegt ihre Größe. Aber es ist eine fundierte Subjektivität. Sie ist errungen, erarbeitet, lange immer wieder durchgespielt.

Von besonderem Interesse ist vielleicht ein kurzer Abschnitt darüber, wie die deutsche Fernsehproduktion vom amerikanischen Film und Fernsehen beeinflusst wurde. Füting schreibt, das deutsche Fernsehspiel habe eigentlich seine Wurzeln in Theater und Journalismus gehabt, bevor mit Leo Kirch, der Ausstrahlung amerikanischer Filme und dem Aufkommen amerikanischer Drehbuchbücher das Genre und eine „Amerikanisierung“ an Relevanz gewannen.

Das letzte Wort:

Selbst wenn du im Recht bist, solltest du Konfrontationen nicht verstärken oder anheizen. Versuche deinen Ärger runterzuschlucken, souverän zu bleiben. Orientiere dich an einer literarischen Figur, dem braven Soldaten Schwejk.

Michael Füting: Im Drehbuch-Dschungel. Oder Fehler, die man vermeiden sollte – beim Schreiben und sich Verkaufen. Oder Das etwas andere Buch zum Thema. Als Kindle eBook bei Amazon. Zwei Filmtipps aus den gewählten Kapiteln möchten noch erwähnt sein: Zwei Tage, eine Nacht der Brüder Dardenne und Billy Wilders Das Appartement.

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