Ozons IN IHREM HAUS – ein Film für Filmschaffende

Am 4. April lief auf ARTE François Ozon Film In Ihrem Haus. Ein Film, den einige Experten für Ozons besten halten, was ja wohl etwas heißt. Ein Film, der aber für Filmschaffende und darüber hinaus für alle, die Fiction schreiben sehr lehrreich und sogar vergnüglich ist. Ein MUST-SEE.
Theoretiker müssten angesichts dieses Filmes Schamgefühle entwickeln
Man kann Hunderte von Büchern über das Schreiben von Literatur lesen und bekommt doch nicht so klar und umfassend gesagt, worum es geht, wie das geht, wo es herkommt und wo es hinführt. Und man ist beim Anschauen nicht angestrengt konzentriert – unser falsches Ideal vom eher abstraktem Lernen – sondern im besten Sinne unterhalten. Man kann schmunzeln, lachen, sich überraschen lassen, bewundern und hat am Ende alles, was wichtig ist, erfasst. Aber eben anschaulich, sinnlich und konkret. Professoren und Theoretiker müssten angesichts dieses Filmes Schamgefühle entwickeln.

Ganz kurz, da das immer gewollt wird, der Inhalt. Ein Französischlehrer, der sich selbst als ein gescheiterter Schriftsteller sieht, bemerkt in einem Aufsatz eines seiner Schüler Talent. Er ermuntert ihn, weiter zu schreiben an eben dieser angefangenen Geschichte. Das tut der, immer ein Kapitel, endend mit: Fortsetzung folgt. Um aber weiterschreiben zu können, muss sich der begabte Schüler, der sich gerade am Ende seiner Pubertät befindet und der in ,kleinen‘ und schwierigen Verhältnissen – Mutter weg und Vater krank – lebt, in die Familie seines Mitschülers begeben und sich diesen zum ,Freund‘ machen. Recherche.
Mit der Fantasie und Intelligenz eines echten Autoren
Er macht das mit der Fantasie und Intelligenz eines echten Autoren. Dabei passiert dann Einiges: er verliebt sich z. B. in die Mutter dieser eigentlich spießigen Mittelklassen-Familie. Der Lehrer liest diese Kapitel und äußert sich dazu mit typischen literaturwissenschaftlichen Wertungen, aber auch Anregungen. By the way also auch ein kleines, aber gelegentlich ironisches Literaturseminar. Lehrer und Schüler involvieren sich mit ihren eigenen Charakteren in die Geschichte – genau so, wie alle Autoren dieser Welt das gar nicht anders können.

Eine Insider-Geschichte? (Übrigens an ein Theaterstück angelehnt.) – Ja und nein, weil Ozon das so machen kann, dass es jeden Menschen interessieren muss. Da wird alles aufgeboten, was gutes Kino ausmacht, inhaltlich wie auch formal. Der besondere Reiz ist, dass man immer wieder aufmerksam gemacht wird, wie sich übrigens auch in den Köpfen von Normalmenschen, also Nicht-Autoren, Realität und Fantasie mischen. DAS eben ist das Salz in der Suppe des Schreibenden.
War es wirklich so oder auch das nur Fiktion?
Das Ende werde ich nicht verraten. War es wirklich so oder auch das nur Fiktion? Ozon entscheidet das nicht und das ist grandios und folgt konsequent der Prämisse seines Filmes. Jedenfalls ist es kein Happy End. Übrigens ein durch und durch europäisch empfundener Film. DAS können die Amerikaner so nicht. Auch sie haben ähnliche Themen beackert, aber nie so tief und so genial.

Nun hab ich ja schon viel in meine Inhaltsbeschreibung einfließen lassen. Damit kann ich es also bewenden lassen. Autoren und auch Dramaturgen – schaut Euch das an. Wenn Ihr Klarheit darüber bekommen wollt, was Ihr da betreibt…

(Der Film ist umsonst in einer grässlich schlechten Kopie in Französisch auf Youtube anzuschauen, auf Deutsch (hier wohl wichtig!) und in hoher Bildqualität gibt es ihn dort für €2,99. Auf ARTE.tv gibt es die nächste Ausstrahlung am 16. April um 14:15.)

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