Zurück zu den Anfängen: die Zukunft des Fernsehens

Der weltweit erste Fernsehsender, der ein regelmäßiges Programm ausstrahlte, stand in Berlin: Paul Nipkow hieß er. Das war 1935. Sein Programm bestand aus Live-Übertragungen, beispielsweise der Olympischen Spiele 1936 in Berlin.

Seit dem hat sich das Fernsehen gewaltig weiterentwickelt. Live-Übertragungen machen nur noch einen kleinen, aber wichtigen Teil aus. Und die nächste große Weiterentwicklung des Fernsehens steht bevor, nein, es befindet sich schon mittendrin. Auch wenn einige Verantwortliche das nicht wahrhaben wollen und glauben, dass ein Dagegenstemmen eine notwendige Veränderung aufhalten könnte.

Wie wird das Fernsehen in 20 Jahren aussehen?

Wie gestaltet sich diese Veränderung? Wie wird das Fernsehen mit seinen festen Programmstrukturen und Sendeplätzen in – sagen wir mal: – 20 Jahren aussehen? Insbesondere im Hinblick auf fiktionales Programm?

Existieren wird es noch, keine Frage. Denn es gibt Rezeptionsbedürfnisse, die kein anderes Medium so gut befriedigen kann wie das Fernsehen: nichts tun müssen; sich einfach hinsetzen und laufen lassen, was kommt; nicht übermäßig viel denken müssen; einschalten, um abzuschalten (auch wenn Fernsehen für das Gehirn anstrengend sein soll); am nächsten Tag einen Gesprächsanlass haben (sofern man sich noch daran erinnern kann, was man gesehen hat). Außerdem strukturiert es wunderbar den Alltag: sonntags um 12 Uhr zum Presseclub das zweite Frühstück, dann raus, etwas unternehmen, was ist egal, Hauptsache um 18:50 zur Lindenstraße wieder zurück, danach kochen und essen, um 20:15 Tatort. Das Leben kann so einfach sein.

Diese Bedürfnisse wird es sehr wahrscheinlich auch in 20 Jahren noch geben. Das Bedürfnis, nichts tun und nichts entscheiden zu müssen, wird in einer zunehmend komplizierten und die Menschen zu Eigenverantwortung zwingenden Welt sogar eher noch größer werden.

Was es möglicherweise nicht mehr geben wird, ist fiktionales Programm. Vor allem Serien entwickeln sich immer weiter weg von einem analogen Fernsehformat hin zu einem digitalen Format, überall und jederzeit verfügbar. Ein paar Zahlen hierzu: TRUE DETECTIVE erreichte bei der Erstausstrahlung 2,5 Millionen Zuschauer, insgesamt – also mit VoD, DVR und HBO GO – sage und schreibe 10,9 Millionen. Die dritte Staffel von GAME OF THRONES sahen bei der Erstausstrahlung 4,9 Millionen Menschen, inklusive Wiederholungen, DVR und VoD 13,6 Millionen.

Das Fernsehen der Zukunft wird fiktionsfrei sein.

Der Grund dafür dürfte sein, dass man bei horizontal erzählten Serien sofort weiter schauen und nicht eine Woche bis zur nächsten Folge warten will. Und dieser Trend dürfte sich fortsetzen. Mit HOUSE OF CARDS, ORANGE IS THE NEW BLACK, NARCOS, BLOODLINE, BOJACK HORSEMAN und so weiter gibt es mittlerweile ja auch schon Serien, die überhaupt nicht mehr für das klassische Fernsehen produziert werden.

Inwiefern das auch auf vertikal erzählte Serien, Reihen und TV-Movies zutreffen wird, bleibt abzuwarten. Möglicherweise überleben sie im Fernsehen, weil sie die Bedürfnisse nach Struktur und Abgeschlossenheit befriedigen.

Ich glaube jedoch, dass auch für sie eine digitale Umgebung ohne feste Programm- und Zeitstrukturen der bessere Ort ist, und das Fernsehen irgendwann fiktionsfrei sein wird. Nachrichten und dokumentarische Formate dürften wahrscheinlich auch ins Internet abwandern. Was bleibt dann noch? Live-Übertragungen: Großveranstaltungen, Sport-Events, Game-Shows, Musiksendungen. Womit das Fernsehen wieder bei seinen Anfängen angekommen wäre. Aber hoffentlich nicht bei Paul Nipkow und der Vision des Reichssendeleiters Eugen Hadamovsky: „… in dieser Stunde wird der Rundfunk berufen, die größte und heiligste Mission zu erfüllen: nun das Bild des Führers unverlöschlich in alle deutsche Herzen zu pflanzen …“. Das hatten wir schon. Das brauchen wir nicht mehr.

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