Sehnsucht nach Helden oder worin liegt das Erfolgsgeheimnis der Superheldenfilme?

Als europäischer Drehbuchautor betrachtet man einen Superheldenfilm im Kino doch eher skeptisch: zu kitschig und naiv wirkt die Comic-Vorlage; zu profan bedient sich Hollywood, in Ermangelung neuer Stoffentwicklung, an der popkulturellen Kinderstube.

Marc Wormskirch lebt und arbeitet als freier Autor. Nach dem Abitur und einer kaufmännischen Ausbildung verbrachte er viele Jahre, die von seinem Schreiben begleitet wurden, in der Wirtschaft und als selbständiger Unternehmer. Nach Veröffentlichungen als Co-Autor in Lyrik Anthologien und als Kinderbuchautor, verband er im Schreiben von Drehbüchern seine Leidenschaft für Film und Kino mit dem Schreiben. Neben Drehbüchern für Independent Kurzfilme und Virtual Reality Kurzfilme, arbeitet er an Drehbüchern für Film und Fernsehen.

Die Präsenz der Comichelden ist durch Kinoerfolge, Fernsehserien, Videogames, Merchandising und Spielzeug allerdings allgegenwärtig in unserer Dekade und hat mit der Premiere von Avengers: End Game in diesen Tagen einen neuen Höhepunkt erreicht. Der US-Sender CNN berichtet von einem Einspielergebnis von 644 Millionen US-Dollar bei Kinostart und rechnet mit einem Umsatz an den Kinokassen von über einer Milliarde US-Dollar bis zum ersten Wochenende. Damit übertrifft der neueste Superheldenfilm den bisherigen Erfolgsrekord von 641 Millionen US-Dollar Einspielergebnis bei Kinostart, der im April 2018 durch den Vorgängerteil Avengers: Infinity War aufgestellt wurde.

Unerschöpflich maßt der kommerzielle Erfolg des Superheldenfilms an und bestätigt nicht zuletzt das Kalkül der Hollywood Produktionsmaschinerie, die aus den Comicvorlagen einen Kassenschlager nach dem anderen produzieren. Längst gehört der Superheldenfilm in Serienform zum Standardprogramm von Netflix & Co., dabei variiert die magische Kraft der Superhelden, die Grundidee eines kostümierten Helden, der mit übermenschlichen Kräften die Welt rettet, bleibt dabei dieselbe und garantiert auch in Fernseh- und Streamingprogrammen Quote nach Rezept.

Ist der Superheldenfilm der Tod des narrativen Kinos?

Es scheint etwas pauschal, den weltweiten Erfolg der Superheldenfilme nur auf tüchtige Wirtschaftsstrategen der großen Filmproduktionsfirmen aus Hollywood zurückzuführen. Die Produktionsfirmen wissen zwar sehr gut, die Naivität der Comicvorlage hinter noch spektakuläreren Special Effects und noch mehr Hollywood-Filmstars in Superheldenrollen zu kaschieren, doch die seit Jahren zunehmende Begeisterung des Publikums für den Superheldenfilm lässt sich nicht allein durch Kalkulationen erklären.
Die Vielzahl der Superheldenfilme wirkt bedrohlich auf den Autorenfilm.
Als Autor ist es schwer anzuerkennen, dass Filme wie Three Billboards outside Edding, Missouri, Manchester by the Sea oder Im Winter ein Jahr weit hinter den Publikumserfolgen der Superheldenfilme zurückfallen. Die Vielzahl der Superheldenfilme wirkt bedrohlich auf den Autorenfilm und hat dem Autorenkino sicher schon den einen oder anderen Vorführungsplatz in den Lichtspielhäusern genommen.

Superheldenfilme lassen uns nicht auf einfühlsame Weise an Einzelschicksalen auf der Leinwand teilhaben, um z.B. mit Tom Hanks in Cast Away die eigene emotionale Vorstellungswelt mitzufühlen und auszuloten. Wenn die Superheldenfilme nicht auf einer sensiblen emotionalen Ebene mit den Zuschauern kommunizieren, muss der Schlüssel zum Erfolg der zeitgenössischen Superheldenfilme in den Geschichten liegen, von denen sie erzählen, und darin, was sie dem Zuschauer bedeuten.

Sind Superheldenfilme Ausdruck einer resignierten Gesellschaft?

Gute und erfolgreiche Filme wirken nach, weil wir uns als Zuschauer auf einer persönlichen Ebene mit dem Schicksal der Helden identifizieren und die erzählten Konflikte in unsere Realität übertragen können. Geschichten können uns betroffen machen und auch Auswege aus persönlichen Krisen vorleben.

Superhelden lassen jedoch kaum Raum für individuelle Identifikation. Der Zuschauer wird mehr zum passiven Betrachter in der Gewissheit, nicht die nötige übermenschliche Kraft zu haben, um selbst den Einfluss auf seine Realität nehmen zu können, wie der Superheld in der alternativen Realität des Kinos. Identifikation findet im Publikum nur noch mit sich selbst als Kollektiv statt.
Attestiert der Erfolg der Superhelden also die unerfüllte Sehnsucht einer resignierten Gesellschaft nach übermenschlicher Kraft oder mechanischer Leistungsfähigkeit, um den Anforderungen des realen Alltags zu genügen?
Superhelden lassen kaum Raum für individuelle Identifikation.
Superman, Captain Marvel, Dark Phoenix oder Alita: Battle Angel sind aus der Mitte der Gesellschaft entmenschlicht. Sie verfügen über gottgleiche Allmacht oder sind künstliche Roboterwesen, die nur durch ihre übermenschlichen Kraft den Konflikten in ihren Geschichten begegnen können.

Der emotionale Zugang zu den Figuren findet nur aufgesetzt statt, indem die Helden menschlich präsentiert werden, dem Zuschauer aber klar ist, dass sie nicht menschlich sind. Alita: Battle Angel ist ein vollkommener Kampfroboter in der Erscheinung eines pubertierenden Teenager, angelehnt an die japanische Manga Subkultur mit übergroßen Augen, um über das aufgesetzte Kindchenschema ein Fürsorgebedürfnis zu wecken und dadurch die Figur für das Publikum zugänglich zu machen.

Ersetzen Superheldenfilme antike Mythen- und Glaubenssysteme?

Die Identifikationsebene in den Superheldenfilmen muss eine andere sein. Superhelden setzen sich für die Menschen ein und nicht selten für die gesamte Menschheit. Superhelden sind Beschützer der Gesellschaft und bekämpfen Bedrohungen die sich gegen die Menschen als Gesamtgemeinschaft gerichtet haben. Sie kämpfen stets für das Allgemeinwohl und erschaffen dabei durch zahlreiche Filme eine moderne Mythenwelt im Kino in der alle Superhelden gleichzeitig mit den Zuschauern existieren können. Die Zuschauer können sich als Wertegesellschaft in ihren Abenteuern und Geschichten wiedererkennen.

Die Superhelden im Kino weisen viele Parallelen mit den Helden aus den Epen der Antike auf, wie z.B. Odysseus, Herkules, Theseus oder Achilles, die zusammen mit Göttern und Fabelwesen die Griechische Mythenwelt beleben. Standen die antiken Götterbilder, wie Zeus, der Blitze aus dem Himmel schleudert, oder Poseidon, der die Macht über die Gezeiten hat, auch für eine Versinnbildlichung der Wunder der Natur, erklären sich die magischen Kräfte der Superhelden unserer Zeit zu meist durch Wunder der Technik, genetischen Wundern oder durch Wunder durch die Erforschung des Weltraums, die uns in Staunen versetzen.
Der moderne Superheldenfilm scheint ein mythologisches Vakuum zu füllen.
Immerhin die Gottkräfte der X-Men-Superhelden aus den gleichnamigen Filmen stehen dagegen eher in Zusammenhang mit den Naturelementen und der Superheld Thor stellt sogar eine direkte Referenz zum Donnergott aus der nordischen Mythologie dar.

Der moderne Superheldenfilm scheint ein mythologisches Vakuum zu füllen und belebt mit seinen Helden die Magie des Kinos, die die Kraft der Erzählung auf die Zuschauer überträgt und durch sie Staunen, Furcht, Wut, Liebe, Trauer und am Ende die Genugtuung des Sieges des Guten über das Böse erleben lässt. Durch die Erzählung ist möglich, was der normale Alltag entbehrt und entbehren muss, durch das gemeinsame emotionale Erleben universell miteinander zu verbinden.

Richten sich Superheldenfilme an Kinder oder Erwachsene?

Waren Superheldenfilmen bis Ende des 20. Jahrhunderts immer nur Randerscheinungen im Kino und Fernsehen, gelang Tim Burton mit Batman (1989) ein größerer Erfolg bei einem breiteren Publikum und wurde neben anderen Auszeichnungen auch mit einem Oscar für die Szenenausstattung belohnt. Weitere Teile folgten in den nachfolgenden Jahren, die Hollywoodstars in den Rollen von Comichelden und Bösewichtern zeigten.

Der Superheldenfilm musste aber erst erwachsen werden, um sich vom kitschig kunterbunten Bild der Superheldenfilme aus den 80er und 90er Jahre weiter zu entwickeln. 2002 startete erfolgreich die Spiderman-Reihe von Sam Raimi und verband die eindimensionale Comicvorlage mit einer Coming-Of-Age Geschichte um den Superhelden. Spiderman wurde durch eine jugendliche Figur dargestellt, die nicht nur ihre Superheldenfähigkeiten erst entdecken muss, sondern auch seine erste Liebe, seinen Platz in seiner Familie und Rolle in der Gesellschaft.
Der Superheldenfilm musste erst erwachsen werden.
Mit Batman Begins interpretierte Christopher Nolan im Jahr 2005 die Batman-Comics neu und präsentierte den Superheldenfilm in seiner heutigen Reife. Die doppelte Identität der Superhelden tritt in den Vordergrund, ihr Zwiespalt wird thematisiert. Die Kostümierung ist nicht mehr nur künstlerische Gestaltung, sondern Selbstzweck zum Schutz ihrer wahren Identität als Mensch aus der gesellschaftlichen Mitte. Die Geschichten und ihre Figuren präsentieren sich jetzt deutlich ernsthafter und komplexer.

Die Grundthematik von Christopher Nolans Batman-Trilogie haben kaum noch etwas mit der bunten Verspieltheit der vorangegangenen Batman-Filme gemeinsam. Sie sind in düsteren Grundtönen gehalten und richten sich gezielt an ein erwachsenes Publikum, indem sie nicht nur von Heldentaten erzählen, sondern auch die damit einhergehende moralische Ambivalenz von Selbstjustiz thematisieren. Nolans Batman muss in dramatischer Konsequenz immer Schuld auf sich nehmen, um die Idee des Systems zu schützen, indem er außerhalb seiner Gesetze für Recht und Gerechtigkeit in einer korrupten Gesellschaft handelt, in der sich Legislative, Exekutive und Judikative gegen die Gesellschaft gewandt haben.
Menschen mit unendlichen finanziellen Mitteln, um fantasievolle Zukunftstechnologie zu entwickeln.
Das komplexe moralische Dilemma stellt seine vermeintlichen Heldentaten immer in Frage, doch der Zuschauer weiß auch immer, dass die Schuld, die er auf sich nimmt, ungerechtfertigt ist und er zum Held wird, indem er sein Heldentum zum Schutz der Unschuldigen opfert – das Motiv der Selbstopferung als höchste moralische Handlung wird immer wieder von den erwachsen gewordenen Superhelden dargestellt.

Es verwundert nicht, dass mit Superhelden, wie Batman oder Ironman ein neuer Trend zum Superheldenkino initiiert wurde, da sie im Grunde Menschen mit unendlichen finanziellen Mitteln sind, um fantasievolle Zukunftstechnologie zu entwickeln. Die Identifikationsfläche, die sie bieten, reicht noch aus, um sie als Helden aus der gesellschaftlichen Mitte sehen zu können.

Sind Superheldenfilme zeitkritisch und sprechen eine politische Sprache?

Einen Umbruch in der Präsentation der Superheldengeschichten stellt auch Captain America: The First Avenger aus dem Jahr 2011 dar. Der Film dekonstruiert gezielt das Comic-artige Bild des Superhelden, um ihn mit mehr Charaktertiefe neu zu erschaffen.

Der Film spielt zur Zeit des 2. Weltkriegs. Im Kampf gegen die Nazis gelingt es den Alliierten, durch Experimente aus dem schwachen Soldaten Steve Rogers einen Über-Soldaten zu erschaffen. Seine Superheldentaten im Einsatz stellt der Film drastisch reduziert in der Montage zusammengefasst dar, um die Erwartungen an einen Superheldenfilm nicht zu enttäuschen. Die Erzählung selbst handelt konsequent vom Mut und Opferbereitschaft der Person, die ihn zum Helden macht, noch bevor er durch die Experimente zum Superhelden wird.
Der Supersoldat wird gleich einer Jahrmarktattraktion dem Publikum vorgeführt.
Als gelungenes Experiment wird der Supersoldat dann ironischerweise gleich einer Jahrmarktattraktion dem Publikum vorgeführt, um im Film für Kriegsanleihen und Motivation im Kampf zu werben. Es ist wieder sein Mut zu handeln, wenn es erforderlich ist, der ihn von einer kostümierten Schießbudenfigur zum Helden macht – nur noch der Superheldenname, die Kostümierung erinnern hier noch an die Comicvorlage. Der darauf folgende Captain America-Film Return of the First Avenger: Winter Soldier knüpft am vorangegangenen Film an, indem er das kitschige Image des Superheldenfilms weiter dekonstruiert und reale Werte und zeitkritische Grundkonflikte durch das Kino in den öffentlichen Debattenraum bringt.

Return of the First Avenger: Winter Soldier versetzt den Superhelden in unsere Zeit, als Mitglied einer geheimdienstlichen Organisation zum Schutz der Bevölkerung. Der Geheimdienst wurde vom Nazi-Geheimbund aus dem ersten Teil unterwandert, um so aus dem Verborgenen heraus eine totalitäre Weltherrschaft anzustreben, in der ein Computerprogramm alle Profile der Menschen analysiert und daraus potentielle Gefährder ermittelt und eliminiert. Der Grundkonflikt im Film scheint direkt der Subkultur des Internets entnommen, in der Whistleblower wir Snowden oder Julian Assange als Helden gefeiert werden.
Wintersoldier weckt Assoziationen zum Kampf der Supermächte des Kalten Krieges.
Noch weitaus ambivalenter präsentiert der Film den Superschurken, im Film durch Robert Redford dargestellt, dessen redliches Leinwandimage noch dazu dient, die perfiden verborgenen Pläne seines Filmcharakters zur totalen Weltherrschaft zu verbergen. Redfords Figur im Film verfügt über keine Superkräfte, er ist Chef und Drahtzieher des Nazi-Geheimbundes, dem es gelingt Regierungen zu täuschen und sie ebenso wie den Superhelden für seine Zwecke zu benutzen.

Der Gegenspieler und Superschurke ist der Winter Soldier, dessen Name allein schon Assoziationen weckt, die durch den symbolischen roten Stern an seinem metallischen Arm unterstrichen werden – der Film gibt sonst keinen anderen Bezug zum Kampf der Supermächte des Kalten Krieges wieder, lässt die Assoziation dazu jedoch mitschwingen. Redfords Filmfigur unterzieht den Winter Soldier einer Gehirnwäsche, um dadurch Captain America zu seinem Feindbild zu machen. In Wahrheit, die der Zuschauer kennt, ist der Winter Soldier aber der beste Freund von Captain America, der, bevor er die Gehirnwäsche bekam, mit ihm im ersten Teil gegen die Nazis gekämpft und dabei vermeintlich sein Leben ließ. Die Botschaft der First Avenger-Filme an das Publikum ist in seiner komplexen Handlung klar definiert: nur wenn sie zu sich selbst zurückfinden, können sie für wahre Werte einstehen.
Superheldenfilme waren nicht von Anfang an so erfolgreich, wie sie es jetzt sind.
Der Grundkonflikt der X-Men-Superheldenfilme dagegen thematisiert durch mediale Widerspiegelung einen sehr viel breiteren gesellschaftsideologischen Konsens unserer Zeit. Seine Botschaft ist immer gegen die gesellschaftliche Ausgrenzung von Personen gerichtet, die von den gesellschaftlichen Normen abweichen – gegen Vorurteile und Rassismus. Die Superhelden der X-Men-Filme tragen diesen Konflikt immer in sich – ihre Superfähigkeiten sind nur stellvertretend überzogene Merkmale. Interessant ist auch der Superschurke Magneto als Gegenspieler der X-Men. Auch er ist ausgegrenzt und verfolgt, doch statt, wie die X-Men, dem Konflikt mit der Gesellschaft versöhnlich entgegen zu treten, verfällt er einer exzeptionalistischen Ideologie die sein Überleben darin sieht, die Gesellschaft durch seine Macht zu unterdrücken.

Man of Steel ( 2013) von Zack Snyder trägt durch die Metaphorik der Erzählung eine Kritik an der Umweltverschmutzung vor. Die Geschichte von Superman, dem Man of Steel, beginnt mit der Flucht von seinem Heimatplaneten Krypton, der durch eine Umweltkatastrophe vernichtet wurde.
Auf der Erde findet Superman ein neues Zuhause. General Zork und eine Gruppe Abtrünniger, die ebenso wie Superman die Zerstörung von Krypton überlebt haben, finden Superman und die Erde. Während Superman gelernt hat, sich der Atmosphäre der Erde anzupassen, ist General Zorks Ziel, die Atmosphäre der Erde umzuwandeln, um sie für sich bewohnbar und gleichzeitig für die Menschen unbewohnbar zu machen. Seine Werkzeuge, um sein Ziel zu erreichen erinnern dabei an überdimensionale Ölförderpumpen, die sich tief in die Erde graben und dadurch die Umweltschäden verursachen.

Worin liegt nun das Erfolgsgeheimnis der Superheldenfilme?

Die Superheldenfilme waren nicht von Anfang an so erfolgreich, wie sie es jetzt sind. Die Filme haben sich in der Präsentation, in ihren Charakteren und in dem Gehalt ihrer Erzählungen über viele Jahre weiterentwickelt. Dabei thematisieren sie heute Zeitkritisches ebenso, wie Werte, für die einzustehen zu Helden in der Gesellschaft machen.

Die Drehbuchautoren entwickelten für die Superheldenfilme auch ein neues Erzählkonzept im Kino, das viele Superheldenfiguren miteinander verbindet und in einer umfassenden mythischen Kinowelt gleichzeitig existieren lässt. Dabei ist die Mythenwelt der Superhelden nicht so hermetisch und abstrakt, wie z.B. die Star Wars-Filme oder Herr der Ringe-Trilogien, stattdessen erinnern die Superhelden mehr an die Kontinuität biblischer Apostel Geschichten oder an die antiken Mythologien und Götterwelten, die in der Welt der Zuhörer und Zuschauer manifestiert sind.

Die Wiedererkennung der Superhelden ist auch nicht mehr nur durch die Schauspieler geprägt, die sie im Film verkörpern, wie z.B. James Bond oder Harry Potter, sondern durch die Erscheinung, die sie durch die Comicvorlagen erhielten. So losgelöst vom Film und einer einzelnen Kinovorstellung gelang es bisher kaum einem Kinohelden im Geist der Erzählung und Zuschauer zu existieren.

Oft begegnen mir beim Betreten der hiesigen Elektromarkt-Konsumtempel überlebensgroße Superhelden Statuen am Eingang – es ist, als ob die Helden unserer Zeit ihren Weg in die Wirklichkeit unseres Alltags gefunden haben.

6 Comments

  1. Michael Füting

    Sehr kluger Artikel!
    Auffallend vielleicht, dass es sich zu fast 99% um amerikanische Filme handelt. – Glaubt Europa nicht (mehr) an (Super)-Helden oder sind wir nicht kindlich naiv genug?

    30. Mai 2019
  2. Marc Wormskirch

    Hallo Herr Füting,
    vielen Dank für Ihr Feedback.
    Den Umstand, dass es im europäischen Kino keine vergleichbaren Superhelden gibt, würde ich auf den kulturhistorischen Hintergrund der Länder und auf den Ursprung und Verortung der Popkultur zurückführen.
    So gibt es z.B. im europäischen Kino „Asterix & Obelix“, die ihren Weg vom Comic mit zahlreichen Verfilmungen ins Kino geschafft haben. Bemerkenswert und vielleicht auch gerade deshalb erfolgreich ist dabei, dass „Asterix & Obelix“ im direkten Kontext der europäischen Kulturhistorik stehen.
    Vielleicht muss man die Popkultur als Grundlage der aktuellen Superhelden Filme im Kino sehen und als Gegenpol zur europäischen Kulturhistorik wahrnehmen. Es ist sicher kein Zufall, dass Andy Warhol oder Roy Lichtenstein als Mitbegründer der Popkultur Comics in ihren Arbeiten thematisieren und wir im Kino durch die Superhelden Filme nur eine Fortführung der popkulturellen Kunst aus Amerika sehen.

    30. Mai 2019
  3. Die im Artikel erwähnten James Bond und Harry Potter aus Großbritannien sind zwar keine Superhelden im eigentlichen Sinne, aber ihre quasi bzw. tatsächlichen übermenschlichen Fähigkeiten, die sie für oder gegen die Gesellschaft einsetzen können, werfen ja ähnliche Fragen auf. Und wie Marc schon schreibt: im frankobelgischen Comic gibt es Helden zu entdecken, einige mehr, einige weniger »super«. Und ich kann mir vorstellen, dass der amerikanische Superheldensturm auch von der Beliebtheit japanischer Comics gefüttert wird, siehe Alita.

    31. Mai 2019
  4. Marc Wormskirch

    In Europa könnte man auch einige von Luc Bessons Filmen zum erfolgreichen Format der aufwändigen Comic-Verfilmungen zählen. Seine Helden sind zwar nicht per se als Superhelden gelabelt, passen aber ganz gut in das Schema.

    Zuletzt sah ich „Glass“ von M. Night Shyamalan, der sich aus einer ganz anderen Perspektive mit dem Superhelden-Mythos beschäftigt und im Film dazu eine ganz andere Konklusion anbietet. Tolle Filme sind „Unbreakable“, „Split“ und „Glass“ allemal und Shyamalan zeigt sich in „Glass“ auch wieder als ein Meister des Perspektivenwechsel.

    31. Mai 2019
  5. Engel

    Ich möchte widersprechen. In manchen Kinos werden auch Filme wie Manchester by the Sea oder Moonlight gezeigt, aber sie richten sich an ein anderes Publikum, eher älter. Heute bedienen die Streamingdienste und Fernsehsender dieses ältere Publikum.

    Autoren müssen sich nicht auf realistische Dramen beschränken, sie können auch in die Phantastik gehen. Nolanfilme sind ebenfalls Autorenfilme, selbst wenn er sich eines höheren Budgets bedient.

    Gute Superhelden bieten auch Identifizierungsmöglichkeiten, selbst wenn man nicht diese Superheldeneigenschaften hat. Spider-Man leidet an Dauerstress, er hat die typischen Teenagerprobleme, die X-Men zeigen, wie es ist, ein Außenseiter zu sein, die fantastischen Vier sind eine Familie mit ihren Problemen. Das ist der Vorteil der Superhelden, sie versetzen Alltägliches in eine andere, phantastische Umwelt.

    Der Erfolg liegt auch darin, dass Marken bedient werden, die man nicht groß erklären muss. Ein Teil des Publikums kennt sie, mit ihren Einnahmen können die Produzenten rechnen. Filme sind sehr teuer, daher kann ich verstehen, dass man in diesem Medium auf Marken zurückgreift.
    Durch CGI wurden die meisten Superheldenfilme erst möglich, deswegen sind sie so ein neues Phänomen,

    Vor dem Nolan-Batman gab es den Burton-Batman, der ebenfalls eher in die düstere Ecke ging, selbst wenn sie recht märchenhaft waren.

    14. August 2019
  6. Marc Wormskirch

    Hallo Engel,

    Nolans Filme empfinde ich eigentlich auch eher als mutige Autorenfilme anstatt kommerziell orientierte Filmproduktionen. Aber ein wenig ging es ja in der Wahl der Begrifflichkeit auch darum, über den primären Eindruck, Superheldenfilme seien keine Autorenfilme, sondern rein kommerzielles Kino , hinwegzukommen.

    Ich glaube, die Genre-Kategorien von Filmen ist heute nicht mehr so eindeutig, wie vor zwanzig Jahren. Viele Filme verbinden heute Genres und erreichen dadurch eine neue Attraktivität. Auch gibt es darunter aber natürlich Stilblüten wie „Cowboys & Aliens“.
    Autorenfilme, so wie der Begriff ursprünglich durch z.B. Ingmar Bergman Filme besetzt war, gibt es heute kaum noch. Ich glaube eigentlich nicht, dass das ein Rückschritt ist, sondern ein Fortschritt der Filmautoren ungebunden von filmischen Kategorien zu erzählen.

    17. August 2019

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